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Markgröningen  

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Einüben der Belastungsstufen

Um sportliche Leistungen erbringen zu können benötigt der menschliche Körper Energie. Diese wird durch verschiedene chemische Prozesse bereitgestellt, die alle parallel ablaufen. Diese Prozesse unterscheiden sich darin, welche Energiemengen sie erzeugen und wie schnell sie diese zur Verfügung stellen. Es wäre sicherlich interessant, diese Vorgänge genauer zu untersuchen, das soll aber einem anderen Beitrag vorbehalten sein. Heute geht es um die Auswirkung dieser Prozesse auf das Training.

Jeder Energiebereitstellungsprozess reagiert auf andere Trainingsbedingungen. Deshalb wird ein Sprinter sicherlich anders trainieren müssen als ein Triathlet. Aber genauso wie ein Sprinter auch lange Strecken trainiert, um seine Grundlagenausdauer zu verbessern, muss der Triathlet auch kurze Strecken trainieren, um schneller zu werden. Unterschiedlich sind demnach nur die jeweiligen Anteile am gesamten Trainingsumfang und wie sich diese im Laufe des Jahres verschieben.

Um das Training besser steuern zu können unterscheidet man - abgeleitet von den chemischen Prozessen - verschiedene Belastungsstufen. Die Grenzen sind dabei fließend, da wie gesagt alle Prozesse gleichzeitig ablaufen. Auch die Definitionen der Übergänge sind nicht einheitlich, die Messmethoden ungenau und die Übergänge individuell unterschiedlich. Ohne das Wissen um die eigenen Belastungsstufen ist ein sinnvolles Training kaum möglich. Entweder man trainiert zu langsam und wird nie schneller oder man trainiert zu schnell, hat zunächst rasche Fortschritte, überlastet sich aber auf Dauer und muss dann wieder große Pausen einlegen.

Der für Sportler wichtigste Wert ist die aerob-anaerobe Schwelle. Bei dieser Belastung können gerade noch alle bei der aeroben Energieerzeugung anfallenden Abfallstoffe (Laktat) abgebaut werden. Das ist die maximale Dauerleistung (1000m und mehr). Man ermittelt sie mit fallender Genauigkeit durch Laktatbestimmung (Blutentnahme), Pulsmessung oder Körpergefühl.

Die Laktatbestimmung (Grenze bei 4mmol/l) ist sehr aufwändig und auch noch ungenau. Das Körpergefühl wiederum muss erst entwickelt werden. Wir benutzen deshalb eine einfache Rechnung, zusammen mit Pulsmessungen, um zu Beginn des Konditionstrainings unser Körpergefühl zu eichen.

Zunächst die Rechnung:
Maximaler Belastungspuls MP: MP = 220 - Lebensalter (Männer); MP = 226 - Lebensalter (Frauen).
Ruhepuls RP: Nach längerer Pause im Sitzen oder Liegen messen; z.B. direkt nach dem Aufwachen.
10% Differenz D10: (MP - RP) / 10
Zielpuls ZP: ZP = RP + (MP - RP) * Intensität in %.

Laufendes Beispiel:
MP = 220 - 66 = 154
RP = 48
D10 = (154 - 48)/10 = 106 / 10 = 10
ZP80 = 48 + 10 * 8 = 128

Jetzt die Definition der Belastungsstufen:

WSB 100% max. Belastung Wettkampfspeed Sprinter (<100m)
GA2 90% schnell Training des Durchhaltevermögens
GA1/2 80% flott Wettkampfspeed Triathlet (>1000m)
GA1 70% locker Größter Trainingsanteil
ReKom 60% langsam Regeneration
Wellness 50% gemütlich Wellness Bereich

Nun kann man eine Intensität vorgeben und daraus berechnen, welchen Trainingspuls man erreichen sollte oder man mißt den Trainingspuls und weiß dann, mit welcher Intensität man trainiert hat. Mit der Zeit entwickelt man so ein Gefühl für die Belastung und kann dann auf die Pulsmessung verzichten. Alternativ kann man auch die erreichten Zeiten messen und sich dann später an diesen orientieren.

Zum Einüben der Belastungsstufen schwimmt man z.B. mehrmals 100m Kraul mit vorgegebenem Zielpuls ZP und misst direkt anschließend den Belastungspuls BP und eine Minute später den Erholungspuls EP.

Vorbereitung des Einübens:
Man erstellt z.B. folgende Tabelle (mit dem Zielpuls berechnet aus obigen Beispieldaten):

Intensität Zeit ZP BP EP
GA1(70%) 122
ReKom(60%) 112
GA2(90%) 143
Wellness(50%) 101
GA1/2(80%) 133

Durchführen des Einübens:
Man braucht Bleistift und Papier (besser einen OHP-Stift nebst Klarsichtfolie) und eine Stoppuhr. Da der Puls nach der Belastung rasch absinkt, sollte man das Pulsmessen vorher üben: 15 Sekunden lang die Pulsschläge an Handgelenk oder Schläfe zählen und mit 4 malnehmen. Besser geht es mit einer Pulsuhr. Die ausgefüllte Tabelle könnte dann so aussehen.

Intensität Zeit ZP BP EP
GA1(70%) 1:43 122 130 92
ReKom(60%) 1:57 112 122 94
GA2(90%) 1:33 143 146 108
Wellness(50%) 2:07 101 118 94
GA1/2(80%) 1:40 133 140 92

Wolfgang Gruber, 2 Dez 2015 (9 Jan 2017)